Seborga Hat Einen Neuen Fürsten!
- Marcello 1 von Seborga inthronisiert!
Die Einwohner des kleinen, selbst ernannten Fürstentums im Hinterland von Bordighera (Ligurien) wählten am Wochenende den 31-jährigen Marcello Menegatto zu ihrem neuen Oberhaupt.
Marcello I. folgt auf den im November 2009 verstorbenen Fürsten Giorgio I. und wird sieben Jahre im Amt bleiben. Er setzte sich gegen den zweiten Thronanwärter Pepi Morgia mit 89 gegen 67 Stimmen durch. Er werde die Arbeit seines Vorgängers in dessen Sinne weiterführen, vor allem in Hinblick auf die angestrebte Unabhängigkeit des Fürstentums und in Sachen Tourismus, erklärte der junge Fürst nach seiner Wahl. Auch der Bürgermeister Seborgas, Franco Fogliarini, begrüßte den Ausgang der Abstimmung.
Mit großem Pomp wurde am 22. Mai der Schweizer Unternehmer Marcello Menegatto in Seborga in den Fürstenstand erhoben. Die Dorfband spielte auf, der Vizebürgermeister als Vertreter des italienischen Staates, dem das „Antike Fürstentum Seborga“ ja eigentlich die Gefolgschaft verweigert, wünschte Glück und Segen für seine Regentschaft. Nach einem Rundgang durch die Gassen gab es auf der Piazza Erfrischungen für jedermann.
Marcello I. stammt aus einer Industriellenfamilie im Tessin und ist mit einer Kemptenerin verheiratet.
Der 32-jährige gewählte Fürst will den Tourismus ankurbeln und in ein 5-Sterne-Resort investieren.
Das Seborga gerade wieder zu einem der schönsten Dörfer Italiens gewählt wurde, wird sicher nicht schaden.
Im zivilen Leben wohnt der neue Fürst in der Schweiz, wo er in der Immobilienbranche beschäftigt ist.
Die Küste Legurien gehört zu Norditalien. Ebenso das Bergland, welches sich an der Küste erhebt.
Das ganze Bergland? Nein, ein kleines Bergdorf betrachtet sich als unabhängiger Staat.
An der Riviera, ca. acht Kilometer hinter der Ausfahrt Bordighera wehrt die Flagge einer außergewöhnlichen Autorität. Eine Flagge mit gelber Krone über weißem Kreuz auf blauem, waagerecht gestreiftem Grund.
Eine Passkontrolle? Einen Zoll? Nein – das gibt es nicht.
Das gesamte Fürstentum umfasst eine Fläche von ca. 4 Quadratkilometern und zählt 2000 Einwohner.
Wie kam es dazu?
Bereits seit 954 stellte Papst Gregor VII. im Jahre 1079 für dieses Gebiet einen Fürstabt ein. Bereits im Jahre 1118 wurde das damalige päpstliche Fürstentum unter Bernhard von Clairvaux zum souveränen Zisterzienserstaat. Zugleich waren die Großmeister der Tempelritter die Fürsten Seborgas auf Lebenszeit.
Bis in das zwanzigste Jahrhundert hinein wurde das kleine Fürstentum völkerstaatlich einfach vergessen. Zu keinem Land zugehörend. 1963 wählten die Seborginer, wie seinerzeit die Mönche, den Blumenhändler Giorgio Carbone zu ihrem Staatsoberhaupt, zu ihrem Fürsten. Auf Lebenszeit.
Es wurde eine Verfassung und eigene Gesetze erlassen. Giorgio Carbone nannte sich selbst „Seine Serene Hoheit Giorgio I“. Er ernannte 15 Minister. Er stellte eine kleine Armee auf, richtete Auslandskonsulate ein und vergab Diplomatenkennzeichen.
Er postulierte: „Wir bleiben italienisch der Sprache, Kultur und Ethnie nach, sind aber keine Italiener.“
Das Fürstentum als Staat anerkannt hat derzeit nur die älteste Republik der Welt, der Staat San Marino.
Seborga hat seit 1995 eine eigene Währung, den Luigino. Das Münzrecht hat Seborga im Jahre 1666 erhalten. Ein Luigino ist ca. sechs Dollar wert.
Italien erkennt den kleinen Fürstenstaat nicht als eigenständig an, kann aber auch nicht einschreiten. Seborga hält sich immerhin an die offiziellen italienischen Gesetze. Auch ein italienisches Postamt und einen italienischen Bürgermeister gibt es.
Für „Seine Serene Hoheit Giorgio I.“ ist der Bürgermeister sein Ministerpräsident, aber gleichzeitig auch der Botschafter Italiens.
Italien mischte sich nicht in die internen Angelegenheiten des Fürstentums ein. Immerhin zahlte der Blumenhändler Giorgio Carbone an das italienische Finanzamt seine Steuern. Auf seiner Steuererklärung trug Carbone den Beruf „Fürst“ ein.
Vor kurzem ist Giorgio Carbone im Alter von 73 Jahren verstorben. Am 27. April 2010 wählten die Einwohner Seborgas einen Nachfolger: den 31-jährigen Marcello Menegatto.
Touristisch gesehen kann man sagen, dass Seborga ein Geheimtipp ist.
Zum einen gibt es die „Chiesa parrocchiale di San Martino“, die dem heiligen Martin geweihte Kirche. Sie wurde vor wenigen Jahren frisch renoviert. Eine mittelalterliche Betkapelle, das „Oratorio di San Bernardo“ ist eine weitere Sehenswürdigkeit.
Und in welcher Hauptstadt findet sich, nur zwei Schritte neben einem der drei Restaurants, dem Restaurant „IL PRINCIPE“ ein Außenministerium?
Die kleine Kunstgalerie von Richard Moisa lädt zum schauen und kaufen ein.
Ein weiteres Restaurant, die „TAVERNA TEMPLARE“ lädt zum verweilen unter den Bildnissen der Tempelritter ein.
Typische Erzeugnisse von Seborga kauft man, selbstverständlich, im „U CUNTADIN“. Auch einen Touristenpass sollte man sich nicht entgehen lassen.
Osteria del Coniglio – Im Herzen des historischen Zentrums in einem mittelalterlichen Gebäude befindet sich dieses sympathische, warmherzige Restaurant. Hier duftet es nach der guten alten Zeit und gebratenem Kaninchen nach seborghinischer Art.