PERGAMENT URKUNDE VON CHINON –
ABSOLUTION DER HAEUPTER DES TEMPELORDENS DURCH PAPST CLEMENS V. Chinon, Diözese von Tours, 17.-20. August 1308
Das Dokument enthält die Absolution, die Clemens V. dem letzten Großmeister des Tempels, Bruder Jacques de Molay, und den anderen Häuptern des Ordens erteilte, nachdem jene einen Bußakt vollführt und die Kirche um Vergebung gebeten hatten; nach der formellen Abschwörung, obligatorisch für alle, die häretischer Vergehen auch nur verdächtigt waren, wurden die ranghöchsten Mitglieder des Tempelordens in die katholische Kommunion wieder auf genommen und zu den Sakramenten wieder zugelassen.
Das Dokument stammt aus der ersten Phase des Prozesses gegen die Tempelritter, als Clemens V. noch überzeugt war, das Weiterbestehen des religiös-militärischen Ordens garantieren zu können, und antwortet dem apostolischen Bedürfnis der Aufhebung der Schande der Exkommunikation, welche sich die Krieger-Mönche von alleine aufgeladen hatten, als sie Jesus Christus unter der Tortur des französischen Inquisitors verleugnet hatten. Wie verschiedene zeitgleiche Quellen bestätigen, wies der Papst nach, dass sich unter den Templern in der Tat schwere Formen von Unsitten eingeschlichen hätten, und plante eine Reform des Ordens von Grund auf, um ihn dann in einem einzigen Institut gemeinsam mit dem anderen großen religiös-militärischen Orden der Hospitaliter zu vereinen.
Der Akt von Chinon war eine notwendige Voraussetzung für die Reform, blieb aber leeres Wort. Die Reaktion der französischen Monarchie löste einen regelrechten Erpressungsmechanismus aus, woraufhin Clemens V. während des Konzils von Vienne (1312) einen endgültigen Schritt tun musste: da der Papst sich dem Willen Philipps des Schönen, des Königs von Frankreich, der den Tempelorden auflösen wollte, nicht widersetzen konnte, entschied er nach Beratung mit den Konzilvätern, den Orden «con norma irreformabile e perpetua» aufzuheben (Bulle Vox in excelso, 22. März 1312). Clemens V. erklärte allerdings, dass eine solche schmerzvolle Entscheidung nicht eine Verurteilung der Häresie darstelle, zu der man auf Grund der verschiedenen Untersuchungen während der dem Konzil vorhergehenden Jahre nicht hätte kommen können. Zum Erlass eines endgültigen Urteilspruches wäre in der Tat ein regulärer Prozess notwendig gewesen, der auch seitens des Ordens eine Darlegung der Thesen zur Verteidigung vorgesehen hätte.
Der Skandal, von infamen Anklagen (Häresie, Idolatrie, Homosexualität und obszöne Handlugen) gegen die Templer ausgelöst, hätte jedoch nach Ansichten des Papstes einen jeden davon abgehalten, das Kleid der Templer anzulegen. Außerdem bedeutete eine Aufschiebung der Entscheidung bezüglich derartiger Angelegenheiten auch eine Vergeudung der ungeheueren Reichtümer, von Christen jenem Orden dargeboten, dessen Aufgabe es war, dem Heiligen Land zur Bekämpfung der Glaubensfeinde zu Hilfe zu eilen. Die gründliche Erwägung dieser Gefahren zusammen mit dem Druck von französischer Seite überzeugte den Papst davon, den Orden der Tempelritter aufzulösen, genau so wie es in der Vergangenheit und zwar mit weit geringfügiger Begründung einigen religiösen Orden von weit wichtigerer Bedeutung ergangen war.